Zweiter Teil


Montag, 15.10.

Heute wollen wir den See ein gutes Stück umrunden. Im Norden des Sees See liegt östlich das Valtellina, wo wir unsere nächste Wanderung geplant haben. Wir wollen versuchen, in der Nähe einen schönen Platz am See zu finden, und dort einen Ruhetag einlegen.

Tour 2: Cadenabbia – Menaggio – Sant Abbondio – Rozzonico – Musso – Dongo – Gravedona – Gera Lario – Sorico - Cólico

 

Auf unserer Fahrt passieren wir einige schöne Campingplätze am Seeufer – es ist folglich gar kein Problem, mit dem Wohnmobil zum Comer See zu fahren, wenn auch die Stellplätze eher dünn gesät sind. In der Vor- und Nachsaison findet sich immer ein Plätzchen auf einem der Campingplätze, die um diese Jahreszeit fast menschenleer sind.

Am Nordende des Sees ist die Landschaft weniger reizvoll und hinter Sorico gibt es große Sumpf- bzw. Schilfflächen am See, so dass die Straße etwas landeinwärts führt. Bei Cólico nähert sie sich wieder dem See. Auf der Landkarte haben wir südlich von Cólico Campingplätze am See entdeckt, in einer kleinen Bucht, Laghetto di Piona. Die sehen wir uns jetzt an. - Der erste ist geschlossen, doch der zweite sieht aus, als wäre er noch offen. Wir parken vor der Einfahrt und spazieren erst einmal über den Platz. Er ist gepflegt und nett angelegt, aber zu 90 % von Dauercampern belegt. Doch wir haben riesiges Glück: ein einziges Plätzchen direkt am See ist noch frei!

So liegen wir um die Mittagszeit am Seeufer und genießen die herrliche Ruhe und den weiten Blick auf die spiegelglatte Wasserfläche des Sees. Heute wird gelesen und gefaulenzt!


Dienstag, 16.10.

Der Ruhetag am See war herrlich, nun strotzen wir wieder vor Kraft und wollen uns wandermäßig betätigen.
Der Ausgangspunkt unserer geplanten Wanderung ist San Martino (mit dem Martin haben wir es wohl diesmal), ein kleines Bergdorf an der Mündung der beiden Täler von Mello und Bagni.

Tour 3: Colico, Delebio – Cosio Valtellino – Morbegno – Talamona – Masino – San Martino
 
Wanderung durch das Val di Mello
 

Durch das vom Bergwandern und Klettern geprägte Dörfchen (die einzigen gutbestückten Geschäfte führen Ausrüstung für Hochalpinisten und Wanderer an) gelangen wir auf den gemächlich bergauf führenden breiten Fahrweg zum Parkplatz an der Osteria Gatto Rosso, wo die eigentliche Talwanderung beginnt. Es ist ein herrlicher Tag und die Berglandschaft ein Traum. Wir schwelgen in den Farben des Spätherbstes.

Außer uns sind nur wenige Wanderer unterwegs. Nachdem wir die Osteria hinter uns gelassen haben, sehen wir kaum noch einen Menschen auf unserem Wanderweg, der von dem kristallklaren Mello begleitet wird und sehr abwechslungsreiche Ausblicke bietet.

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Vor Cà di carna, einer Ansamm-lung von Hütten, suchen wir uns einen dicken Picknick-Felsen, auf dem wir unseren Tisch decken, um uns zum fürstlichen Mittagsmahl niederzusetzen.
Vor uns hängen todesmutige Kletterer in der schwindelerregend steilen Granitwand, um uns grasen friedliche Esel und Kühe, auf uns strahlt die liebe Sonne, und in uns wirkt der leckere Wein – ein
perfekt auf uns abgestimmtes Programm.

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Nachdem wir an Leib und Seele gestärkt sind, machen wir uns auf zu unserem Wanderziel, der Sommersiedlung Rasica.

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In Rasica könnte ich im Sommer auch mal siedeln, denke ich, als wir dort ankommen. Der Mello fließt hier in breitem Bett, das Tal weitet sich - ein schönes Fleckchen Erde. Klar, dass wir hier unsere Flasche Wein noch einmal aus dem Rucksack holen...
Bei unserem Picknick am Ufer des Mello gesellt sich bald eine kleine Einwohnerin des Tales zu uns und lässt sich genüsslich streicheln und mit Käse füttern. An diesen Luxus ist das Kätzchen wohl gewöhnt, denn hier in diesem Tal wird ein guter Käse produziert.

Wir genießen die absolute Ruhe in dieser herrlichen Bergkulisse und müssen uns mühsam aufrappeln, um den Rückweg anzutreten. Unsere kleine Freundin schaut traurig hinter uns her. Ciao, Miao!

Nachdem zu Beginn unserer Wanderung die Sonne nur verhalten schien, ist es jetzt angenehm warm, und das Tal ist ein mildes Herbstsonnenlicht getaucht. 

 

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In Cascina Piana kommen wir an einem kleinen urigen Lokal vorüber, das so einladend gemütlich aussieht, dass wir plötzlich Lust haben, einzukehren.

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Der Wirt und die Wirtin setzen sich gleich zu uns und beginnen eine angeregte, aber von Missverständnissen geprägte Konversation. Keiner versteht keinen – die beiden
sprechen nur Italienisch und wir nur wenig. Egal, der Redefluss plätschert munter, und alle amüsieren sich gut dabei.
Die Familienverhältnisse sind schnell geklärt. Etwas schwierig wird es, als ich versuche, unseren Wohnort als Heimat Konrad Adenauers näher zu definieren. – Konrad Adenauer? Nie gehört. Cadenabbia – Villa Collina – aha (auch nie gehört, scheint mir). Konrad Adenauer, deutscher Politiker, Zeit von Kennedy – ah, Kennedy (von dem haben sie gehört), Presidente americano! – Ah, amici di presidente americano! Alles klar. Jetzt sind wir Freunde des amerikanischen Präsidenten. - Sofort kommt der Wirt mit dem Gästebuch, und wir müssen uns eintragen.

Bevor die Missverständnisse sich noch ausweiten können, trinke ich meinen Capucchino (Spezialität des Hauses) aus, und wir suchen, begleitet von vielen guten Wünschen, die wir nur halbwegs verstehen, unser Heil im Aufbruch.

Von Cascina Piano ist man schnell wieder am Parkplatz bei der Osteria Gatto Rosso. Irgendwie bin ich enttäuscht, dass die schöne Wanderung schon fast vorüber ist. Keine Spur von Erschöpfungszuständen diesmal!


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Blick zurück auf die schöne Bergkulisse

In San Martino kaufen wir, bevor wir zu unserem auf dem Parkplatz geduldig wartenden Hiram zurückkehren, in einem Tante-Emma-Laden Grappa und getrocknete Steinpilze aus dem Valtellina – als Mitbringsel für unsere Freunde.
Zum Übernachten fahren wir auf den Parkplatz vor San Martino, den wir uns auf der Hinfahrt ausgesucht hatten. Eigentlich wollten wir in San Martino eine Pizza essen, aber es gibt zu dieser Jahreszeit keine Pizzeria mehr, die wochentags geöffnet hat. Also: heute eigene Gourmetküche.

Hinter Talamona müssten wir nach links abbiegen Richtung Masino, aber die Straße ist wegen Bauarbeiten gesperrt und wir müssen zurück nach Talamona, um von dort eine Umleitung zu nehmen. Die gestaltet sich dann zum Abenteuer: Die Straße wird immer schmaler je höher wir uns in Serpentinen in die Bergwelt schrauben. Ich schaue vom Seitenfenster in schwindelnde Tiefen und finde es gar nicht lustig, dass mein Mann so hupfaul ist (was bedeutet, er hupt vor den Kurven zu kurz und zu selten – finde ich jedenfalls und nerve ihn damit). Wie dem auch sei, wir kommen heil von unserer Umleitung zurück auf die Straße nach San Martino. Auf einem Rastplatz unterhalb einer senkrechten Felswand machen wir ein Fotopäuschen und beschließen, am Abend hierher zurückzukommen, weil es ein herrliches Übernachtungs-plätzchen ist (kurz vor San Martino, rechts der Straße).
Am Ortseingang von San Martino stellen wir unseren Hiram auf einem großen Parkplatz ab und machen uns zum Wandern fertig.

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