Dritter Teil: Die Meteora-Klöster
 


21.Mai

Heute wird zeitig gefrühstückt, denn wir wollen so früh wie möglich zu unserer Klöster-Tour aufbrechen.

Mit den Rollern machen wir uns gegen 10 auf in Richtung der Meteorafelsen, die man von Kastraki aus in wenigen Minuten erreicht.

   

links: Das erste kleinere Kloster an unserem Weg ist Agiou Nikolaou, das hoch über uns am Berg klebt. rechts: Tief unter uns liegt eindrucksvoll die Ebene von Kalambaka.

Die natürlichen Sandsteintürme von Metéora wurden 985 n.Chr. von einem Einsiedler namens Barnabas als religiöser Zufluchtsort genutzt. Es kamen andere hinzu, und 1336 gründete dann der Mönch Athanásios vom Berg Athos das Kloster Megálo Metéora auf einer der rund tausend Felsnadeln am Ostrand des Pindosgebirges. Es kamen weitere 23 Klöster hinzu, die meisten waren jedoch wegen ihrer abenteuerlichen Lage bereits Ende des 18. Jahrhunderts verfallen. Heute sind noch 6 Klöster erhalten. In den 20er Jahren wurden Stufen in die Felsen gehauen, um einen besseren Zugang zu ermöglichen. Heute leben in den Klöstern wieder viele Mönche und Nonnen.

In Serpentinen schrauben wir uns höher in die Bergwelt der Meteora-Klöster hinauf, jede Kurve bringt eine neue herrliche Aussicht. Diese Fahrt ist ein unvergessliches Erlebnis. Ich bin froh, anhalten zu können, wann immer mir danach zumute ist und bedaure die Touristen aus tiefstem Herzen, die hier zu Hunderten in Bussen hinauf geschafft werden.
Das erste Kloster, das wir besichtigen wollen, ist das von Athanásios gegründete Kloster Megálo Metéora. Es ist .zugleich das älteste, größte und höchst gelegene (623 m) der Klöster. An seinem Eingang liegt die Höhle, in der Athanásius zuerst lebte. Er liegt in der Hauptkirche begraben.


Megalo Meteora - im Vordergrund der Windenturm - von hier wurden die Mönche und Waren ins Kloster hochgezogen


I
hre Blütezeit erlebten die Meteora-Klöster im 16. Jh., als hier mehrere tausend Mönche und Nonnen lebten. Aus dieser Zeit stammen auch zahlreiche kunsthistorisch recht bedeutende Wandmalereien (hier in Megalo Meteora finde ich sie ziemlich brutal – Folterszenen en masse). So sind Fresken von dem aus Theben stammenden Maler Frangos Katelanos erhalten.

Die Anlagen besitzen in ihrer Mitte jeweils eine kleine Klosterkirche, Katholikon genannt (Foto links), die als Kreuzkuppelkirche angelegt ist. Waren und Menschen wurden in einem Netz mit einer Winde zum Kloster hinauf gezogen. Ganz schön unbequem war das wohl, aber ansonsten ging es den frommen Bergbewohnern, wie’s mir scheint, nicht übel. - Sie speisten jedenfalls von schönem Zinngeschirr - das man im Refektorium besichtigen kann, hatten ein festes Dach über dem Kopf und zweifellos eine herrliche Aussicht.

   

links: Eingang zum Katholikon  rechts: Katholikon
 

im Katholikon

 

Varlaam wurde 1518 gegründet und ist nach dem ersten Einsiedler benannt, der 1350 auf diesem Felsen lebte. Im Katholikón sind einige Fresken des thebanischen Ikonenmalers Frágkos Katelávos zu sehen.
Agios Nikolaos (rechts) wurde im Jahre 1368 gegründet, 1527 durch einen kretischen Maler ausgemalt und 1628 erweitert.

Gegenüber von Megalo Meteora, auf der nächsten Felsnadel: das Kloster Varlaam (oben), rechts darunter: Agios Nikolaos. Varlaam wurde 1518 gegründet und ist nach dem ersten Einsiedler benannt, der 1350 auf diesem Felsen lebte. Im Katholikón sind einige Fresken des thebanischen Ikonenmalers Frágkos Katelávos zu sehen. Agios Nikolaos (rechts) wurde im Jahre 1368 gegründet, 1527 durch einen kretischen Maler ausgemalt und 1628 erweitert.

Die Klöster Varlaam und Agios Nikolaos sehen wir uns nur aus der Ferne an. Alle sechs Klöster muss man sicherlich nicht besichtigen, da sie sich vom Bau und von der Innenausstattung ähneln.

Wir setzen uns wieder auf unsere Roller, düsen weiter auf gewundener Straße und haben rechts unserer Route einen herrlichen Blick auf das Kloster Roussánou, das besonders abenteuerlich auf der Spitze einer Felsnadel erbaut wurde.  Seine Kirche Metamórfosis ist, wie wir in der Reiseliteratur lesen, berühmt für ihre schreckenerregenden Fresken (1560) von Ikonenmalern der Kretischen Schule (lauter Folterszenen und Darstellungen, wie man Märtyrer am scheußlichsten vom Leben zum Tode befördern kann). An solch einem herrlichen Sonnentag ist uns nicht nach Angst und Schrecken, und wir sagen – frei nach Hardy: „Nicht gesehen, abgehakt“.

Kurz darauf erreichen wir das Kloster Agia Triada ( = Heilige Dreifaltigkeit, gegründet 1438), das die Kulisse für den James Bond Film "In tödlicher Mission" bot. Zu diesem Kloster wird man mittels einer kleinen Seilbahn befördert, in der außer dem Schaffner-Mönch jeweils nur eine Person Platz findet. Hier ist heute Ruhetag, so dass wir dieses Erlebnis leider auslassen müssen – nicht gesehen, abgehakt.

Angesichts des Klosters Agia Triada auf seinem hohen Felsbrocken fragt man sich unwillkürlich, wie diese großen Klosteranlagen in schwindelnder Höhe wohl gebaut wurden.

Leider ist nicht bekannt, wie die ersten Einsiedler die Spitzen der Felswände erreichten, doch vermutlich schlugen sie Pflöcke in die schmalen Felsspalten, um so das Baumaterial nach oben zu befördern.

Es gibt auch Theorien, dass sie Drachen über die Gipfel steigen ließen. Daran sollen sie dicke Seile befestigt haben, aus denen die ersten Strickleitern entstanden.

Na ja, das scheint mir aber eine sehr gewagte Theorie zu sein!

Unsere Fahrt geht weiter zum nächsten Kloster, Agios Stéfanos, das von Nonnen bewohnt wird. Wir beschließen, hier noch einmal einen Rundgang durch das Klostergebäude zu machen.

Agios Stéphanos wurde 1367 vom Serbenfürsten Antonius Kantakuzenos gestiftet. Es weist in seiner Kapelle Fresken von 1400 auf, die Hauptkirche entstand erst 1798.  

Auch hier gibt es strenge Kleidervorschriften: Mit ärmellosen Oberteilen, kurzen Röcken und Hosen dürfen Frauen die Klöster nicht betreten. Männer müssen lange Hosen tragen. So muss armes, kleines Gabi einen Rock, den man in Haute Couture-Version in fast jedem der Klöster angeboten bekommt, über ihre Hose ziehen. Ein wahrlich umwerfender Anblick  und darum auch nur als Minibild, haha)!

 Katholikon von Agios Stephanos

Nach der Besichtigung des Nonnenklosters fahren wir die Serpentinenstraße nach Kastraki zurück. In einer der Felswände entdecken wir ein buntes Gewirr von – ja, was ist es? Es könnten Gedenktafeln (von abgestürzten  Bergsteigern?) sein, Ulla meint, sie hätte Fahnen erkannt – und ihre Brille ist gut.

Am Nachmittag ruhen die Damen aus, die Herren verwüsten unser Wohnmobil, indem sie unsere neue Car-Hifi-Anlage anschließen, was eine größere Aktion zu sein scheint, als ich mir geträumt hatte. Sie wirken anfangs noch sehr glücklich, gelegentlich jedoch auch ein wenig genervt. Das Ergebnis ihres Wuseln lässt sich jedenfalls nach geraumer Zeit nicht nur sehen, sondern auch hören: Die Anlage ist ordentlich eingebaut und meine MP3-CD tönt in wunderbaren Klängen über den Platz.

Am Abend grillen wir uns ein leckeres Abendessen auf dem Campingplatz. Bis in die Nacht sitzen wir vor unseren Womos und erzählen vom Hölzchen aufs Stöckchen übers Leben im Allgemeinen und übers Womoleben im Besonderen. Es muss gemütlich bei uns ausgesehen haben, denn irgendwann kommt einer der Bergsteiger, die auf unserem Platz sind, hinzu – mit der Bitte um ein kühles Bier, das Ulla ihm sogleich großmütig kredenzt. Am  Dialekt erkennt man gleich, dass er aus Franz-Josefs-Land (neudeutsch: Edmund-Land) kommt. Sein österreichischer Kollege folgt ihm wenig später und bringt eine junge Griechin mit, die mit den beiden, schon etwas angegrauten Burschen in den Bergen herumkraxelt. Wer’s mag…

Von dem Bayern, der Sitzfleisch hat, und - selbst als seine Freunde sich verabschieden,  noch nicht heimgehen will, erfahren wir viel Interessantes über das Bergsteigen in dieser Gegend. Auch die Frage nach den bunten Flecken in der Felswand wird geklärt: Einmal im Jahr findet hier ein Fest statt, bei dem so genannte Glückstücher in der Wand befestigt werden; die Tücher vom Vorjahr werden an Teilnehmer des Festes verteilt. Auch unser Bayer hat mal solch ein Tuch bekommen.

Fortsetzung: Die Halbinsel Chalkidike