In Polen herrscht ein gemäßigtes
Übergangsklima in Folge des Zusammentreffens feuchter
atlantischer Luftmassen mit trockener Luft aus der Tiefe des
eurasischen Kontinents. Dadurch hat Polen ein sehr
wechselhaftes Wetter. Über Zeiträume von mehreren Jahren
betrachtet treten deutliche Schwankungen bei den
jahreszeitlichen Wettererscheinungen auf. Besonders die
Winter sind entweder ozeanisch feucht oder seltener
kontinental freundlich. In Nord - und Westpolen dominiert
ein gemäßigtes Seeklima mit milden, feuchten Wintern und
kühlen Sommern mit hohen Niederschlägen. Im Osten herrscht
hingegen vorwiegend kontinentales Klima mit scharfen Wintern
sowie heißeren und trockeneren Sommern.
Das Klima Polens gestalten vor allem
verschiedenartige Luftmassen, die über seinem Territorium
zusammenstoßen. Feuchte Luftmassen polaren Ursprungs vom
nördlichen Atlantik bewirken im Sommer zunehmende Bewölkung,
Niederschlag und Abkühlung und im Winter Tauwetter und
Nebel. Die verhältnismäßig trockene polar-kontinentale Luft
aus Russland, die Polen hauptsächlich im Winter erreicht,
bringt Frostwetter mit sich. Im Sommer sorgt sie hingegen
für Hitze. Arktische Luft, die ihren Ursprung im Norden,
über dem arktischen Meer hat, verursacht wechselhaftes
Wetter und deutliche Abkühlungen, u. a. leichten Frost im
Mai. Tropische Luftmassen rufen im Sommer Wolken und Regen,
im Winter hingegen Tauwetter und Nebel hervor, sie haben
also eine ähnliche Wirkung wie die polare Meeresluft, obwohl
sie von den weit entfernten Azoren heranziehen. Andere
tropische Luftmassen kontinentalen Charakters kommen aus
Afrika oder aus Kleinasien nach Polen. Sie sind nur im
Sommer und im frühen Herbst spürbar und bringen warmes und
sonniges Wetter.
Nach Polen gelangen alle Arten von
Luftmassen, die auf der nördlichen Halbkugel vorkommen.
Deshalb ist das Klima hier uneinheitlich. Für Polens Klima
ist auch die hohe Veränderlichkeit des Wetters in
aufeinander folgenden Jahren typisch. Dies wird durch
Störungen beim Zustrom der Hauptluftmassen verursacht.
Manchmal sind die Sommermonate über mehrere Jahre hinweg
heiß und trocken, in den nächsten Jahren ist es dafür wieder
kühl und feucht. Zu dieser Erscheinung kommt es meistens
zyklisch, in mehrjährigen Zeitabständen.
Das polnische Klima wird durch die
Landesgestalt bedingt, vor allem durch das Tiefland, dass
sich in Europa von Frankreich bis zur Ukraine zieht. Das
erleichtert eine schnelle Verlagerung großer Luftmassen, die
ihren Ursprung über dem Atlantik oder über der Nordsee
haben. Eine große Rolle spielt auch die Lage Polens auf dem
Kontinent. Wichtige Klimafaktoren sind die Entfernung von
großen Wasserbecken sowie die Nachbarschaft zu ausgedehnten
Landflächen. Für Polens Klima ist der Atlantik und die
Entfernung zu den Meeren von großer Bedeutung. Für Nordpolen
ist die Ostsee entscheidend, für Südpolen auch das Mittel-
sowie das Schwarze Meer.
Winde:
Meeresbrise und Föhn
Die Hauptluftdrucksysteme, die das
Wetter gestalten, sind die folgenden dauerhaften
Luftdrucksysteme: das im Winter stärkere Islandtief und das
im Sommer aktivere Azorenhoch sowie die sich saisonal
ändernden Druckverhältnisse über Asien: das ostasiatische
Winterhoch und das südasiatische Sommertief. Während des
größten Teils des Jahres überwiegt in Polen die
Westzirkulation, was mit der Verlagerung von
Tiefdruckgebieten vom Atlantischen Ozean in Richtung Osten
zusammenhängt. Diese Verteilung des atmosphärischen Drucks
bewirkt, dass sich Polen in einer Zone überwiegender
Westwinde befindet (60 % aller Windtage). Es handelt sich
dabei um Winde, die hauptsächlich aus Richtung Tschechien
nach Norwegen und Schweden wehen. Im Ostteil Polens wehen
mehr Ostwinde und in den Bergen mehr Südwinde.
Die Windverteilung ist im Jahresverlauf
ungleichmäßig. Von Juli bis September dominieren Winde aus
westlicher Richtung. Im Winter, besonders im Dezember und
Januar, ist ihre Dominanz schwächer. Über Polen wehen dann
hauptsächlich Ostwinde. Im Frühling und im Herbst halten
sich Ost- und Westwinde die Waage.
Gewöhnlich wehen über Polen schwache und
gemäßigte Winde mit einer Geschwindigkeit von 2 bis 10 m/s.
Starke und sehr starke Winde kommen an der Ostsee vor und
verursachen Stürme. Ebenso starke Winde von über 30 m/s
wehen in den Bergen. Selten gibt es Orkane, die Bäume mit
Wurzeln umwerfen und Dächer abreißen.
Polens abwechslungsreiche Oberfläche führt zu lokalen
Winden, die nur für die jeweilige Geländeform typisch sind.
Im Sommer weht an der Küste an wolkenlosen Tagen angenehmer
und erfrischender Ostseewind. Es ist die so genannte
Meeresbrise, die im Laufe des Tages entsteht und bis 10 km
im Landesinneren bemerkbar ist. In der Nacht ändert sich die
Richtung dieser Winde. Es entsteht die Landbrise und die
Luft bewegt sich vom ausgekühlten Land in Richtung der
wärmeren Ostsee.
Weiter südlich findet man Gebirgs- und
Tieflandwinde. Es gibt in der Tatra den für Hochgebirge
typischen Föhn: Der "Halny" weht aus der Richtung der
Tatra-Matten her und ist schon in die Literatur und in die
Malerei eingegangen. Dieser Föhn ist ein starker und böiger
Wind, der auf der Leeseite der Berge einen Temperaturanstieg
und einen Luftfeuchtigkeitsabfall bewirkt. Er entsteht, wenn
der Luftstrom auf ein Hindernis in Form einer Bergkette
stößt und die Luft auf deren Leeseite gesogen wird. Der Föhn
ist für die Menschen ziemlich beschwerlich. Er bewirkt eine
Verminderung der psychophysischen Leistungsfähigkeit und
ruft Reizbarkeit hervor. Er weht mir einer Kraft, die Bäume
umstürzen lässt, manchmal ganze Waldgebiete zerstört, Dächer
abdeckt und Zäune umreißt. Im Winter lässt er die
Schneedecke zu schnell schmelzen, was mit Hochwassergefahr
verbunden ist.
Bewölkung und Niederschläge
Das Zusammentreffen von Luftmassen
über Polen wirkt sich auf die Bewölkung aus. 60 bis 70 % der
Tage sind bewölkt, was aber nicht immer zu Schnee- und
Regenfällen führt. Die meisten Wolken gibt es im November,
die wenigsten im August und September. Am intensivsten ist
die Bewölkung über den Seenplatten im Norden und in den
Sudeten. Am wenigstens bewölkt ist es in Wielopolska /
Großpolen und Nizina S?a;ska / Schlesisches Tiefland. Im
Schnitt beträgt an 120-160 Tagen im Jahr die Bewölkung mehr
als 80 %. Dem gegenüber stehen 30-50 sonnige Tage mit einer
Bewölkung unter 20 %.
Der größte Niederschlag in Polen wurde
im Juni 1973 auf der Alm "Hala Gasienicowa" in der Tatra
gemessen. Es regnete dort 30 cm. 1943 fielen im Tatra-Dorf
Witów 28,5 cm Regen.
Die Niederschläge hängen nicht nur von
der Herkunft der Luftmassen ab, sondern auch von der Höhe
des Gebietes und der Neigungsrichtung der Hänge. Wegen der
vorherrschenden Westwinde treten die intensivsten
Niederschläge an Westhängen auf. In den Karpaty / Karpaten
und Sudety / Sudeten sind es jährlich 800-1400 mm, in den
Tief- und Hochebenen 400-750 mm. Ähnliche Werte misst man in
den seenreichen Gebieten Pojezierze Pomorskie / Pommersche
Seenplatte und Pojezierze Mazurskie / Masurische Seenplatte.
Dies resultiert aus ihrer Nähe zur Ostsee, von der aus sich
feuchte Meeresluftmassen nach Osten verlagern. Die
geringsten Niederschläge werden im östlichen Teil Großpolens
und in Kujawy verzeichnet, da diese Gebiete im
Niederschlagsschatten der Pommerschen Seenplatte liegen.
Orangefarbener Schnee
Über Polen treten manchmal sehr
seltsame Niederschläge auf. Als 1901 plötzlich Staub von der
Sahara über Polen erschien, war der Regen schwarz-braun
gefärbt. 1972 lag Zakopane aus demselben Grund unter einer
orangefarbenen Schneedecke.
Die meisten Niederschläge fallen im
Sommer. Sie sind dann durchschnittlich zwei- bis dreimal
höher als im Winter, in den Karpaten sogar viermal höher. Am
ausgeglichensten ist die Niederschlagsverteilung in den
Tiefebenen an der Ostsee.
Der Winter erfasst Polen aus
nordöstlicher Richtung. Durchschnittlich gibt es in West-
und Mittelpolen an 30-40 Tagen Schnee und im Nordosten an
über 50 Tagen im Jahr. Im Karkonosze / Riesengebirge fällt
an 120 Tagen und in der Tatra an 145 Tagen Schnee. Am
längsten hält sich die Schneedecke im Gebirge (bis zu 200
Tage) und in Nordwestpolen (90-120 Tage). Am kürzesten liegt
er im Westen (40-50 Tage).
Temperatur: Hitze und Frost
Die durchschnittliche Jahrestemperatur
beträgt in Polen 5-7°C auf den Anhöhen der Pojezierze
Pomorskie und Mazurskie / Pommersche und Masurische
Seenplatte sowie auf den Hochebenen. Und sie erreicht 8-10°C
in der Zone der Talkessel im Podhale / Karpatenvorland und
in den Gebieten Nizina Slaska und Wielkopolska / Schlesische
und Großpolnische Tiefebene. In den höher gelegenen
Bereichen der Karpaten und Sudeten liegt sie bei etwa 0°C
(Kasprowy Wierch - 0,8°C, Sniezka / Schneekoppe - 0,4°C).
Die Differenzen zwischen den Durchschnittstemperaturen sind
zwischen den einzelnen Regionen, mit Ausnahme des Gebirges
gering.
Der wärmste Monat ist der Juli mit einer
Durchschnittstemperatur von 16-19°C. Am kühlsten ist es im
Juli im Bergland, wo die Luft mit steigender Höhe kühler
wird (im Schnitt um 0,6°C pro 100 m). In den Gipfelbereichen
von Tatra und Sudeten beträgt die durchschnittliche
Lufttemperatur im Juli 9°C. Im Juli herrschen in den
Küstenregionen wegen des kühlenden Einflusses der Ostsee
16°C. Am wärmsten ist es mit über 18°C in Zentralpolen.
Die durchschnittlichen Isotherme
(Verbindungslinien von Orten mit der gleichen Temperatur) im
Juli haben grundsätzlich einen Breitenkreis-Verlauf. Ihre
Werte nehmen von Süden nach Norden ab, von über 18,5°C in
der Nizina S'la;ska, im südlichen Wielkopolska, Kotlina
Sandomierska / Talkessel von Sandomierz bis zu 16,5°C auf
der Pojezierze Kaszubskie / Kaschubischen Seenplatte.
Heiße Tage mit über 25°C treten in
Polen von Mai bis September auf. Ihre Anzahl steigt
proportional mit der Entfernung zur Ostsee. Am Przyla;dek
Rozewie (Kap von Rixhöft) gibt es im Schnitt fünf heiße
Tage, über 40 hingegen im Kotlina Sandomierska und im
Wyz.yna Lubelska / Lubliner Hochland.
Der kühlste Monat ist der Januar. Die
Lufttemperatur fällt von Westen nach Osten und die
Isothermen verlaufen fast entlang der Längengrade. Die
milderen Winter im Westen sind eine Folge des erwärmenden
Einflusses der Meeresluft vom Atlantik. Nach Osten hin wird
dieser Einfluss schwächer, demzufolge nimmt die Zahl der
Frosttage zu. Die von Osten heranströmende frostige
Kontinentalluft verursacht, dass Ostpolen im Januar zu den
kühlsten Regionen des Landes zählt.
Der Winter erfasst Polen aus
nordöstlicher Richtung. Frosttage treten von November bis
März auf. Ihre durchschnittliche Zahl reicht von etwa 25
Tagen im Jahr an der unteren Oder und entlang der
Meeresküste und bis zu 65 Tagen im Gebiet der
Suwa?ki-Seenplatte. Die meisten Frosttage gibt es im
Gebirge: 132 Tage auf der Sniez.ka / Schneekoppe und bis zu
150 Tage auf dem Kasprowy Wierch. Die Zahl der Tage mit
nächtlichem Frost, die gewöhnlich im Spätfrühling und im
Frühherbst auftreten, schwankt im Tiefland zwischen 90 (an
der Ostsee) und 130 und überschreitet in den Bergen 200.
Die unterschiedliche Lufttemperatur
beeinflusst die Länge der Vegetationszeit
(Tagesdurchschnittstemperatur 5°C). Die durchschnittliche
Vegetationszeit beträgt 200 Tage. Am kürzesten ist sie im
Gebirge, im östlichen Teil der Pojezierze Pomorskie /
Pommerschen Seenplatte, auf der Pojezierze Mazurskie und der
Pojezierze Suwalskie / Masurische und Sadanauer Seenplatte.
Am längsten ist sie hingegen in Nizina S'la;ska und in
Gebieten am unteren Lauf der Oder.
Temperatur-Rekorde
Die niedrigsten Temperaturen wurden in
Polen 1940 in Siedlce mit -41°C sowie 1929 im Talkessel von
Z.ywiec / Saybusch mit -40,6°C gemessen. Die höchste
Temperatur von 40,2°C herrschte 1921 in Pruszków / Proskau
bei Opole / Oppeln.
Jahreszeiten
In Bezug auf die durchschnittliche
Tagestemperatur gibt es in Polen mit Vorfrühling und
Vorwinter sechs Jahreszeiten. Sie stimmen mit den
kalendermäßigen Jahreszeiten kaum überein. Während des
Vorfrühlings, der etwa einen Monat dauert, liegt die
Tagestemperatur bei 0-5°C. Der Frühling dauert in Polen 60
Tage und kommt nach Polen aus dem Westen. Die
Tagestemperatur beträgt 5-15°C. Zu dieser Zeit beginnt auch
die Vegetationszeit.
Der Sommer mit Temperaturen von über
20°C beginnt im Mai. Dieser wird nach etwa vier Monaten vom
Herbst vertrieben, in dem die Durchschnittstemperatur von
15°C bis auf 5°C sinkt. Manchmal erweist er sich als gütig
und erlaubt den Polen, sich etwas länger der Sonne zu
erfreuen. Nicht jedes Jahr, jedoch fast immer, beginnt etwa
Mitte September der schöne, unvergleichliche
"Altweibersommer". Es ist dann warm und sonnig. Obwohl die
Blätter von den Bäumen fallen, fühlt man in der Luft noch
den Hauch der vergangenen Monate.
Wenn es auf den Bäumen kaum noch
Blätter gibt und die Tag wesentlich kürzer sind, beginnt der
Vorwinter. Die Temperaturen fallen unter 5°C. Nach etwa
sechs Wochen tritt der Winter ein und dann gibt es sehr
lange Frost. Den Vorfrühling kann man Ende Februar, Anfang
März erkennen, und das nur in Pomorze und in Westpolen. Im
Bergland muss man auf ihn bis Mitte März und im Nordosten
sogar bis Ende März warten.
Die Länge der Jahreszeiten richtet
sich nach den geografischen Regionen. Der Sommer z. B.
dauert im Norden zweieinhalb Monate und im südöstlichen,
zentralen und südwestlichen Teil über drei Monate. Der
Winter hält sich wiederum zwei Monate am Meer und im Westen,
drei bis vier Monate im Nordosten und bis zu sechs Monate in
der Tatra.
Dieser Klimakalender ist jedoch nicht
so einfach, wie es scheint. Oft kommt es zu Anomalien, was
eine weitere Eigenart des polnischen Klimas ist. In Polen
sagt man auch "April, April, der weiß nicht was er will"
oder "Im März - wie im Kessel". Es kommt nämlich vor, dass
der Vorfrühling schon Anfang Februar einsetzt. Oder es gibt
schon Glatteis begegnet, wenn man im September noch nach den
Resten eines heißen Sommers sucht. Im Januar 1982 fiel im
Laufe eines Tages die Lufttemperatur in Wloc?awek / Leslau
von 8°C auf -20°C. Das ist bisher der größte
Temperaturabfall an einem Tag in der Geschichte der
Temperaturmessungen auf polnischem Boden. Am 8. Januar 1994
betrug die Temperatur im Zentrum von Kraków / Krakau 17,3°C.