Tempel, Tee und Traditionen

Eine Rundreise durch Südindien

19.11. – 4.12.2008

 

Eine Reise in den Süden Indiens. Rausch der Farben und Gerüche.  Eine Seelenwanderung? Man wird sehen. Zum ersten Mal, das ist sicher, ein fernes Land, das ich ohne meinen Günther betreten werde.  Erfahrungen, die wir nicht teilen werden. Gundel, die spontan erklärt hat, ich fahre mit, wird das Abenteuer Südindien mit mir bestreiten – ohne Streiten natürlich – hoffen wir beide.

19.11.2008


Um halb sechs klingelt der Handywecker. Lange geschlafen habe ich nicht. Tausend Gedanken haben mich nicht zur Ruhe kommen lassen. Noch weit nach Mitternacht laufe ich zum wiederholten Mal durchs Haus, lasse doch noch die Rollläden im Wohnzimmer herunter, trinke einen Schluck Wasser. Wie wird es sein ohne Günther? Das ist es, was mich so umtreibt. Beim Klingeln des Weckers bin ich gleich hellwach. Nun geht’s also los, mein Schatz, ohne dich und doch mit dir, denke ich laut.

Konni, der Gute, der uns zum ICE-Bahnhof nach Siegburg fahren will, steht schon 10 Minuten vor der Zeit an der Haustür und trägt meinen Koffer, der nun doch wieder schwerer geworden ist als geplant (all‘ diese Ladegeräte, Adapter und Kabel – Fluch der Technik!), die Treppen hinunter. Susi hat sich trotz der frühen Stunde aus dem Bett geschwungen für ein Abschiedsküsschen und einige wohlwollende Ermahnungen für ihre Mutter. Am Fuße unseres Hausberges entdecken wir dann auch schon Gundels PKW. Sigrid hat Jule, Gundels Handtaschenhund, bereits in Empfang genommen und freut sich über den Pensionsgast.

Trotz eines kleinen Staus auf der B kommen wir hochpünktlich in Siegburg an – nur der Zug hat Verspätung. In Frankfurt können wir gleich am ICE-Bahnhof einchecken, was für mich eine ganz neue Erfahrung ist. Befreit von unseren Koffern machen wir uns auf die Suche nach Terminal 1, B 45. In Windeseile kommen wir dann auch gleich durch die Kontrolle. Vor dem Gate haben wir den ersten und hoffentlich letzten Verlust dieser Reise zu beklagen: Gundels Bordkarte ist futsch. Eben war sie noch da, musste zum Kauf von Zigaretten herhalten. Zum Glück haben wir ja unser Onlineticket und in nullkommanix gibt’s am Boardingschalter eine neue Karte. 

Pünktlich um 10.05 Uhr startet unser Airbus Richtung Indien. Wir werden, wenn wir nicht entführt werden, abstürzen oder einfach ganz woanders hinfliegen, gegen 23.30 Uhr den Flughafen in Chennai erreichen. Unser Airbus A340-600 hat ein hervorragendes Kinoprogramm an Bord, so dass keine Langeweile aufkommen kann. Und bereits über Bukarest fließen bei mir die ersten Tränen: Meryl Streep in „Mama Mia“ macht mich fertig! Gott, geht das ans Herz! Und dann die Abba-Musik. Nur schööön – würde Freundin Mona jetzt sagen.

Meinen Gangplatz auf der linken Seite habe ich, nachdem das Boarding beendet war, schnellstens getauscht mit einem Gangplatz im Mittelblock, in dem Gundel allein auf weiter Flur saß. Nun haben wir beide zwei Plätze zur Verfügung und können uns ausbreiten. Bewegung habe ich auf diesem Flug auch genug – bisher - wir sind 51/2 Stunden in der Luft – bin ich bereits sechs Mal ins „Untergeschoss“ gelaufen, wo die Toiletten sind, um mein Wasserreservoir zu entleeren. Wo kommt bloß all die Flüssigkeit her? Ich glaube, ich laufe aus. Mein Vordermann guckt schon ganz komisch. Der meint bestimmt, ich rauche heimlich auf dem Klo.

Mehr als die Hälfte der Passagiere sind Inder, einige davon tragen noch Windeln und schreien gelegentlich kläglich. Klar, was können die auch mit Meryl Streep oder Pierce Brosnan anfangen? Denen muss es tödlich langweilig sein.
 

Mit einer Flugzeit von  81/2 Stunden fliegen wir über Deutschland, Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, das Schwarze Meer, die Türkei, den Iran und das Arabische Meer nach Südindien.

 Flugroute

22.30 Uhr – in einer Stunde haben wir our destination erreicht, gerade kommt wieder Essen auf Rädern. Das Essen im Flugzeug ist –  für mich jedenfalls (Gundel hatte mittags Fisch und abends Hühnchen aufem Tisch) – schon landestypisch: Indisch vegetarisch. Lecker!!! Auch Masala Tee (indischer Tee mit Gewürzen) hat mir bestens gemundet. Dieses Land wird für mich ein wahres Gaumenparadies werden. Ich werde mich wohl zügeln müssen…. Meinem Vordermann – der immer so komisch guckt, wenn ich mal wieder auf Achse bin -  graust’s schon, sagt er, weil er jetzt ein paar Tage auf ein „anständiges Stück Fleisch“ verzichten muss. Tut dem auch mal ganz gut, denke ich so bei mir. Wobei – de Jung is groß, der braucht dat, würde meine Schwiegermutter Maria sagen.

Gundel sieht gerade den dritten Film und hat bestimmt schon quadratische Augen… Gerade meldet sich unser Kapitän zu Wort. Wir sind im Anflug auf Chennai, dort sind’s noch immer 26 Grad, und es ist bewölkt. Ich schließe jetzt meine Kiste, der Saft ist sowieso bald weg.

Pünktlich um 23.30 Uhr landet unser Airbus in Chennai. Unsere Koffer kommen etwas zögerlich, doch schließlich ist auch diese letzte Hürde für einen gelungenen Urlaubsbeginn genommen.

Gundel dekoriert 

Wir werden empfangen von unserem indischen Reiseleiter Dr. Sebastian, der recht gut Deutsch spricht und  - Überraschung – katholisch ist – bleibt noch zu klären, warum.

Am Bus, der zum Glück nicht weit vom Ausgang des Flughafens geparkt ist, werden wir alle mit einer duftenden Blumenkette dekoriert. Gundel meint, sie stinkt, aber so kann man das ja auch nicht sagen, oder? – Selbst wenn’s stimmt. Immerhin macht sie sich doch sehr dekorativ beim Fotoshooting.

Nach gut einer halben Stunde durch Vororte von Chennai erreichen wir unser Hotel, das Comfort Inn Marina Towers, ein etwas nüchternes Haus, aber sauber und zweckmäßig. Mein Zimmer ist groß wie ein Tanzsaal. Das Badezimmer  in leicht bröckelndem Marmorcharme, aber sehr sauber.

Um halb zwei schließe ich endlich meine Zimmertür hinter mir und sinke erschöpft, aber total aufgekratzt in eines meiner beiden Betten. Was gäbe ich jetzt für ein Schwätzchen mit meinem Schatz, ein Gute-Nacht-Küsschen. Kein Wort würde ich über sein Schnarchen verlieren.

 Comfort Inn Marina Towers, Chennai

So ein Doppelzimmer zur Alleinbenutzung – wie sich das im Fachjargon nennt – ist nicht unbedingt Balsam für die Seele des Einsamen...

20.11.2008

Die Nacht war kurz – schon wieder. Um 7 dringt der Weckruf an mein Ohr. Ich hüpfe aus dem Bett und werfe als erstes einen Blick aus dem Fenster. Aha, das ist also Chennai, das wir als Madras kennen, die  Hafenstadt am Golf von Bengalen.

Pünktlich um ½ 8 müssen die Koffer vor der Türe bereit stehen - hat der Tourchef angeordnet. Abfahrt um 8, Frühstück ab 7 -  wer‘s braucht... Dasselbige ist reichhaltig: europäisch, amerikanisch, indisch. Die Inder essen schon morgens warm – Reis. Gemüse, scharfe Saucen. Muss ich aber so früh am Tag – sprich kurz nach halb 8 - noch nicht haben.

Der Bus, mit dem wir unsere Rundreise bestreiten werden, macht einen überholten, aber insgesamt vertrauenerweckenden Eindruck.

zum Vergrößern: anklicken

Tagesroute 1: Madras – Pondicherry (ca. 165 km)

Tagesprogramm (laut Ausschreibung des reiseunternehmens): Kurze Orientierungsfahrt durch das temperamentvolle Chennai (Madras). Weiterfahrt nach Kanchipuram, die „Goldene Stadt der 1000 Tempel“. Besichtigung des Ekambaresvara Tempel , des Kailasanatha-Tempels und der Tempelanlagen von Mahabalipuram, UNESCO-Weltkulturerbe. Übernachtung in Pondicherry, Hotel Ananda Inn.

Um 8 fahren wir los Richtung Kanchipuram. Mindestens eineinhalb Stunden benötigen wir, um die Stadtgrenze von Chennai zu erreichen. Um uns herum wuseln Tuk-Tuk-Taxis, schlendernde oder hastende Inder, Frauen in farbenfrohen Saris, Schulkinder in bunten Uniformen,  Fahrräder beladen wie LKWs, Ochsen- wagen, Mopeds, PKWs aus Japan,  England, Frankreich, aber auch aus Indien. Wild bemalte LKWs bahnen sich ihren Weg durch das scheinbare Chaos. Die Inder fahren jedoch keineswegs chaotisch, man ist hier durchaus diszipliniert unterwegs. Tuk-Tuk heißen die meist gelben Dreiräder übrigens hier nur für die Touristen, die Inder selbst nennen sie Autorickshaw oder Scooter.

Chennai hat mehr als 6 Mio Einwohner in der eigentlichen Stadt und über 8 Mio im Umland. Es ist nicht nur eine der wichtigsten Metropolen Indiens, sondern auch die Hauptstadt des Bundesstaates Tamil Nadu, in dem wir unsere Reise beginnen. Chennai ist Indiens viertgrößte Stadt und die 38st-größte Metropolregion der Welt. Der Name wurde 1996 in Chennai geändert, aber der ältere Name Madras wird immer noch viel verwendet. Die Stadt war ein wichtiges Zentrum des Britischen Empires in Indien. Der Facettenreichtum und das reiche Kulturerbe Chennais sind weltbekannt.

Während wir uns in stockender Fahrt durch das Verkehrschaos Chennais bewegen, gibt uns unser Reiseleiter einen ersten Überblick über das Land, in dem wir uns die nächsten 14 Tage bewegen werden. Ich habe ihn ein wenig ergänzt mit Zusatzinformationen...

Tabellarischer Überblick

Staatsname

Republik Indien

Hauptstadt

New Delhi

Unabhängigkeit

1947

Fläche in qkm

ca. 3,287 Mio.

Bevölkerung (2007)

rd. 1,1 Mrd.

Lebenserwartung (2007)

64,7 Jahre

Landessprachen

Hindi und Englisch als Landessprachen, 21 weitere anerkannte Sprachen

Religionen

Hinduismus (ca. 80,5%), Islam (ca. 13,4%) Christentum (ca. 2,3%), Sikhismus (ca. 1,8%) sowie Buddhismus, Jainismus, Parsen u.a.

Unabhängigkeit

15.08.1947

Regierungsform

Parlamentarische Demokratie: Bundesstaat (28 Staaten, 6 Unions-Territorien, National Capital Territory Delhi).

Oppositionsparteien

Bharatiya Janata Party (BJP), Biju Janata Dal (BJD), Shiv Sena (SS) u.a.

Währung

Indische Rupie (INR)

Wechselkurs November 2008

1 Euro=55 INR

 

Indien ist ein faszinierendes Land von ungewöhnlicher Vielfalt. Sprachen, Religionen, Landschaften - alles ist in diesem Land in mannigfaltiger Ausführung vertreten. Hier gibt es Wüstengebiete, endlose fruchtbare Landstreifen entlang der Gangesebene oder das höchste Gebirge der Welt – der Himalaya. Mit einer Fläche von 3.287.590 km² ist es der siebtgrößte Staat der Erde und mit Abstand das größte Land in Südasien. Es erstreckt sich in West-Ost-Richtung vom 68. bis zum 97. östlichen Längengrad über rund 3.000 Kilometer. Von Nord nach Süd, zwischen dem 8. und dem 37. Grad nördlicher Breite, beträgt die Ausdehnung rund 3.200 Kilometer. Indien hat mit sechs Staaten gemeinsame Grenzen: Pakistan, China, Nepal, Bhutan, Myanmar und Bangladesch. Weitere Nachbarstaaten im Indischen Ozean sind Sri Lanka und die Malediven. Insgesamt beträgt die Grenzlänge 14.103 Kilometer. Da der nördliche Teil des umstrittenen Kaschmirs seit 1949 unter pakistanischer Kontrolle steht, hat das Land keine gemeinsame Grenze mit Afghanistan mehr.

Indien wird als Schwellenland eingestuft. Immer häufiger wird es gar als eine der kommenden globalen Wirtschaftsmächte gehandelt. Mit Indien verbindet sich Hochtechnologie, Atomkraft, eine schnell wachsende Filmindustrie (Bollywood), Wolkenkratzer und extremer Reichtum. Wer an Indien denkt, sieht aber auch die extreme Armut, Kinderarbeiter, um ihre Lebensgrundlagen gebrachte Ureinwohner (Adivasi), Kastenlose (Dalits), die auch heute noch diskriminiert werden, und Dörfer ohne Strom und Wasser.

Die vielfältige und auf teilweise  jahrtausendealte Traditionen zurückblickende Kultur Indiens ist das Ergebnis seiner Stellung als Treffpunkt und Ursprungsort verschiedener Kulturen, Völker, Religionen und Ideen, die sich in vielen Bereichen gegenseitig beeinflusst haben, ihre Eigenständigkeit aber bewahren konnten. Indien ist ein Vielvölkerstaat und mit weit über 1 Milliarde Einwohnern das zweitbevölkerungsreichste Land und der bevölkerungsreichste demokratische Staat der Erde. Die letzte große Volkszählung und Datenerhebung im Jahre 1991 ergab eine Bevölkerungsdichte von 267 Menschen pro km². 1999 wurde sie auf 311 Menschen pro km² geschätzt. Dabei ist die Bevölkerungsdichte in der Gangesebene, Kerala sowie dem Großraum Mumbai (Bombay) am größten und in den Bergregionen im Norden, Rajasthan und Madhya Pradesh am geringsten..

Obwohl mit etwa 70% die Mehrzahl seiner Bewohner auf dem Land lebt, überflügelt Indien sowohl die USA als auch die Volksrepublik China, was die Zahl der städtischen Bevölkerung angeht. Rund 193 Mio. Menschen wohnen in Indiens Städten. Die alles andere als kleine Anzahl der Inder, die vom Land in die Stadt flüchten, ist im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern eher gering. Indien ist auch heute noch ein Land der Dörfer. Nahm zwischen 1981 und 1991 die Stadtbevölkerung um 58 Mio. zu, waren es im gleichen Zeitraum auf dem Land rund 103 Mio.

Trotz massiver Versuche (mit dem Fünf-Jahresplan 1974 wurde das Bevölkerungsproblem sogar in die Schullehrpläne aufgenommen) sank das Wachstum bis 1991 nicht wesentlich. Zwischen 1981 und 1991 betrug es jährlich schätzungsweise 2%.

Gründe dafür sind unter anderem die Ablehnung der Bevölkerung von Verhütungsmitteln und der Mangel seitens der Zentralregierung an anderen wirksamen, durchsetzbaren Strategien vor allem in den ländlichen Gebieten. Nach Untersuchungen bekommen viele Paare so lange Kinder, bis sie zwei Söhne haben. Erst dann willigen einige in eine Sterilisation ein.

Die Bevorzugung männlicher Nachfahren ist immer noch sehr verbreitet und damit verbunden die Tötung von Mädchen noch im Mutterleib oder kurz nach der Geburt. Laut Menschenrechtsorganisationen gibt es noch bis zu 10.000 Fälle von Kindestötung jährlich. Diese Praxis ist ein Grund für das Frauendefizit das in den meisten Regionen Indiens herrscht. Das Verhältnis betrug 1981 noch 934 Frauen auf 1.000 Männer, 1991 waren es nur noch 927. Lediglich im Staat Kerala verhält es sich umgekehrt. - Vielleicht erzählt unser Guide Sebastian erzählte deshalb, dass es dieses Problem in Indien nicht mehr gebe? Er kommt aus Kerala. Oder es ist frommes Wunschdenken eines gebildeten Mannes, der in Österreich studiert und westliches Gedankengut verinnerlicht hat. Möglicherweise ist ihm die Realität aber auch einfach nur peinlich vor uns.

Die Bildung der Frauen stellt einen wichtigen Faktor in der Familienplanung dar. Die Auswertung der Daten der Volkszählung ergab, dass die Kindersterblichkeit bei Müttern mit Schulbildung wesentlich geringer war. Eine Investition in die Bildung, nicht nur aber vor allem der Frauen, bedeutet aber nicht nur den Rückgang der Kindersterblichkeit, sondern letztendlich auch der Geburtenrate.

Kerala und ebenso Tamil Nadu, teilweise Punjab, Maharashtra und Karnataka machten bisher die positivsten Fortschritte in Richtung stabiler Bevölkerung, Indien als Ganzes ist aber noch weit davon entfernt.

 

Geschichte - Von der Indus-Kultur zur Gegenwart

Die Indus-Kultur aus dem dritten vorchristlichen Jahrtausend stellt die älteste bekannte Zivilisation auf dem indischen Subkontinent dar. So genannte arische Stämme, das waren nomadisierende Rinderhirten, die sich selbst arya (die Edlen) nannten, drangen um 1.500 v. Chr. in das Gebiet der Induskultur ein.

Die politische Geschichte Indiens lag danach für mehrere Jahrhunderte im Dunklen. Allerdings geht aus der religiösen Literatur (Veda) hervor, dass um das erste vorchristliche Jahrtausend herum demokratische Prinzipien galten und die Stellung der Frau sehr hoch war.

Im heutigen Staatsgebiet Indiens gab es in den folgenden Jahrhunderten eine große Zahl von Königreichen und Monarchien.

Ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. entfaltete sich der Buddhismus, der fast 1.000 Jahre neben dem Hinduismus eine der maßgeblichen Geistesströmungen Indiens darstellte. Hier ist vor allem die Maurya-Dynastie zu nennen.

In Indien spielten immer auch Einflüsse von außen eine große politische Rolle: arabische und zentralasiatische Invasionen begannen im 8. und 12. Jahrhundert und wurden ab dem 15. Jahrhundert durch europäische Händler fortgesetzt. Während der Moguldynastie spielten die Einflüsse der persischen Kultur eine große Rolle. Im 19. Jahrhundert hatte England die vollständige politische Kontrolle über alle indischen Territorien.

Der gewaltfreie Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft, vor allem unter Mahatma Gandhi und Jawaharlal Nehru, führte 1947 zur Unabhängigkeit. Der Subkontinent wurde in zwei Staaten aufgeteilt, Indien und Pakistan. Nach zwei vorangegangenen Kriegen mit Pakistan führte ein dritter Krieg 1971 zur Abspaltung Ostpakistans und zur Gründung des neuen Staates Bangladesch.

Großen Einfluss auf die Entwicklung Indiens nach 1947 hatte die Nehru-Gandhi-Familie, die herausragende, aber letztlich auch viele tragische Figuren hervorbrachte.

Gemäß der Verfassung ist Indien eine souveräne, parlamentarische Republik innerhalb des Commonwealth. Indien feiert sich gerne als "größte Demokratie" der Welt; eine Etikettierung, die durch zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zwar relativiert, indes nicht widerlegt wird. Dass rund 60 Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes ein Grundzug des politischen Systems Indiens, nämlich die parlamentarische Demokratie, noch Bestand hat, ist keine Selbstverständlichkeit, bedenkt man, welche vielfältigen Spannungspotenziale in den ethnischen, sprachlichen, religiösen und kastenmäßigen Differenzierungen angelegt sind.

Indien ist eine föderative Republik. Sie gliedert sich in 29 Bundesstaaten und sechs Unionsterritorien. Allerdings sind die politischen Mitsprache- und Entscheidungskompetenzen der Bundesstaaten wesentlich geringer als zum Beispiel in Deutschland. Durch das Mittel der President's Rule kann eine Landesregierung abgesetzt und die Regierungsgewalt einem Gouverneur übertragen werden.

Die Legislative besteht aus der Volkskammer (Lok Sabha) und der Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene.

Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet der Premierminister. Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative.

Jede offiziell anerkannte Partei wird entweder als Bundes- oder als Regionalpartei eingestuft. Wenn eine Regionalpartei in mehr als vier Bundesstaaten offiziell anerkannt ist, erhält sie den Status einer Bundespartei. 

 

Innenpolitik

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert. Bestes Beispiel zum Thema Instrumentalisierung ist die Hindutva, die integraler Bestandteil des Programms führender Parteien ist.

In Indien leben Hindu-Fundamentalisten, wie auch radikale Islamisten. Es gibt Globalisierungsgewinner und - verlierer. Kastenlose und Angehörige der Stammesbevölkerung, Dalits und Adivasis, machen etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung aus, doch ihr Einfluss auf die Geschicke des Landes und ihre Lebensperspektiven sind ungeachtet vielfältiger interner und externer Interventionen bei weitem noch nicht so, als das der Slogan von der "Einheit in Vielfalt" eingelöst worden wäre.

 

Außenpolitik

Indien war bis in die 1980er Jahre einer der Wortführer der Blockfreienbewegung und pflegte sehr gute Beziehungen zur Sowjetunion. Seit Beginn der 1990er Jahre - nach der Überwindung des Ost-West-Konflikts und einer grundlegenden Umkehr in der Wirtschaftspolitik hin zu mehr Liberalismus - sucht Indien die Annäherung zum Westen wie auch nach Süd- und Südostasien. Diese Politik hat zu einer Reihe von früher nicht für möglich gehaltenen Entwicklungen geführt.

So ist zum Beispiel Indien durch das Nuklearabkommen mit den USA 2006 ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Andererseits verpflichtet sich Indien, die zivile und militärische Nuklearindustrie zu trennen. Erstere soll unter internationale Aufsicht gelangen.

Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. China hat sich dem Nuklearabkommen zwischen Indien und China nicht widersetzt. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat. Indien, die designierte Supermacht, so scheint es, profitiert von der sich abzeichnenden Akzentuierung des globalen Eiferns um die Wirtschaftsführerschaft zwischen USA und China.

Auch mit der EU gibt es intensive wirtschaftliche Beziehungen, die künftig noch ausgebaut werden dürften.

Indien setzt verstärkt auch auf den Dialog mit anderen Mittelmächten wie Südafrika oder Brasilien. Hier geht es vor allem um eine Reform der Vereinten Nationen.

Mit Deutschland pflegt Indien traditionell sehr freundschaftliche Beziehungen. Indien beobachtete den Prozess der deutschen Wiedervereinigung mit großer Sympathie. Beide Staaten suchen noch ihren Platz in der weltpolitischen Architektur des 21. Jahrhunderts und stimmen sich in der Frage eines ständigen Sitzes im UNO-Sicherheitsrat ab.


Während Sebastian, der eigentlich mit Vornamen Sajan heißt, uns aber vorschlägt, ihn beim Nachnamen zu nennen, da er für uns leichter auszusprechen wäre, uns von unserem Reiseland berichtet, fahren wir durch die Randbezirke von Chennai. Was uns am meisten auffällt, sind die von Müll übersäten Straßen - Schmutz und Verfall überall.  Die im Programm ausgeschriebene Stadtrundfahrt.

 

Jenseits der Stadtgrenzen von Chennai wird die vorüberziehende Landschaft grün und ländlich. Die Menschen leben in strohgedeckten Häuschen oder Holzhütten. Fließendes Wasser gibt’s in vielen Behausungen nicht. Man sieht gelegentlich Wassertankwagen vor den Hüttensiedlungen. Viele Menschen tragen keine Schuhe – und das bei den schlechten Wegen und Straßen und dem vielen Unrat, den es hier gibt.

 

Zum ersten Mal auf dieser Reise wundere ich mich über ein Riesenangebot an Töpfen (siehe Fahrrad rechts). Sie werden mir fortan ständig ins Auge fallen. Der Verschleiß an Kochtöpfen muss in Indien enorm sein – entweder wird hier mehr gekocht als bei uns, oder die Töpfe sind so kurzlebig (was ich jetzt mal annehme).

Unsere Fahrt führt uns vorüber an einem großen Denkmal, das für Rajiv Gandhi, den Sohn Indira Gandhis errichtet wurde, der hier am 21. Mai 1991 während einer Wahlveranstaltung einem Attentat zum Opfer fiel.

Gegen 11 Uhr erreichen wir Kanchipuram, das erste Ziel unserer heutigen Tagesroute.

Kanchipuram liegt an einem kleinen Nebenfluss des Palar im Hinterland der Koromandelküste, rund 65 Kilometer südwestlich von Chennai, und ist Hauptstadt des gleichnamigen Distriktes. Die Einwohnerzahl beträgt ca. 400000  (mit dem Umland). Kanchipuram, eine der ältesten Städte Südindiens, zählt zu den sieben heiligen Orten des Hinduismus. Shiva und Vishnu werden hier gleichermaßen verehrt. Sie ist auch als „Stadt der tausend Tempel“ bekannt. Tatsächlich sind noch rund 200 hinduistische Tempel erhalten.

Seit über 400 Jahren ist Kanchipuram auch für seine Seidenstoffe berühmt. Die handgewebten Saris gehören zu den schönsten in ganz Indien. Jeder Inder, der etwas auf sich und die Traditionen hält, schenkt seiner Frau zur Hochzeit einen Kanchipuram-Sari – sagt Sebastian.

In Kanchipuram besichtigen wir zunächst den größten Tempel der Stadt, den Ekambaresvara-Tempel, der aus der Vijayanagar-Epoche stammt. Er wurde 1509 zu Ehren Shivas um einen heiligen Mangobaum erbaut.

Vor dem Tempel müssen wir unsere Schuhe bei einem Shoekeeper abgeben, denn den Tempelbereich darf man nur barfuß betreten. Betreten sind wir dann auch entsprechend – ja, wie jetzt, barfuß durch diesen Schmutz?  Weil es in unseren vorbereitenden Reisenotizen stand, haben fast alle sogenannte „Tempelsocken“ dabei. Einige von uns ziehen sie tatsächlich an. Nach kurzem Zaudern entschließe ich mich aber dagegen. Füße kann man besser waschen als Socken. Der Shoekeeper ist ein Kleinunternehmer mit sicherem Einkommen, denke ich so bei mir, während ich mir meine Sandalen von den Füßen schäle. Investionen muss er auch kaum tätigen – ein paar Bretterregale – fertig. Manchmal nicht mal das.



Durch den Gopuram (Foto unten) über dem Südtor, der 57 Meter hoch ist und 10 Stockwerke aufweist, betreten wir den Tempelkomplex. Das eigentliche Shiva-Heiligtum liegt in einem der fünf Innenhöfe und umfasst zwei Vorhallen. Auf dem mehrere Hektar großen Gelände befinden sich zahlreiche kleinere Schreine sowie zwei Teiche.

Sebastian führt uns hier erstmals in die Geheimnisse der indischen Götterwelt ein.

Shiva, wörtlich  „Der Gütige“, ist eine der wichtigsten Formen des Göttlichen im Hinduismus. Im Shivaismus gilt er den Gläubigen als die wichtigste Manifestation des Höchsten. Als Bestandteil der „hinduistischen Trinität“mit den drei Aspekten des Göttlichen als Brahma, der als Schöpfer gilt, und Vishnu, dem Bewahrer, verkörpert Shiva das Prinzip der Zerstörung. Außerhalb der Trinität verkörpert er aber alles, Schöpfung und Neubeginn ebenso wie Erhaltung und Zerstörung. Shiva ist unter vielen verschiedenen Namen bekannt; im Shiva-Purana sind 1008 Namen angeführt, die sich jeweils auf ein Attribut von Shiva beziehen.

Der Ekambaresvara-Tempel ist der größte Tempel Kanchipurams und stammt aus der Vijayanagar-Epoche. Er wurde 1509 zu Ehren Shivas um einen heiligen Mangobaum erbaut. Das Heiligtum liegt in einem der fünf Innenhöfe des Komplexes und umfasst zwei Vorhallen. Auf dem mehrere Hektar großen Gelände befinden sich zahlreiche kleinere Schreine sowie zwei Teiche. Im Inneren des Tempelkomplexes befindet sich die „Tausend-Säulen-Halle“, obligatorischer Bestandteil fast aller größeren Tempel in Südindien. Es sind zwar nicht tausend Säulen, aber immerhin 540 schön verzierte Pfeiler, zwischen denen Pilger hocken, ein Schwätzchen halten und picknicken.  Die Halle wird von einem großen Wasserbecken und dem Haupttempel eingerahmt. In dessen Zentrum ein Ligam (Phallussymbol) aus Erde steht.

Großer Verehrung erfreut sich der angeblich über 3500 Jahre alte Mangobaum, der in einem separaten, umschlossenen Raum hinter dem Heiligtum steht und dem Tempel den Namen gibt: Herr des Mangobaums. Hier soll Shiva seine Frau Karvati geheiratet haben. Logisch, dass die Früchte des Baumes als Fruchtbarkeitsspender gelten.

  

links: Shiva und Parvati reiten auf einem Nandi  rechts: Junge Pilger

 

 

links: Nandi-Schrein  rechts: Tausend-Säulen-Halle mit Dwajasthambam (Altar)

 

 
Tempelteich

 

Gebutterte Götter (Butter ist eine Opfergabe, die Butter muss aus der Milch von Heiligen Kühen gemacht sein).

 

ben links: Was da im Hintergrund so grün leuchtet ist der berühmte Mangobaum, der kein bisschen alt aussieht... Für 3500 Baumjahre hat er sich jedenfalls gut gehalten. Hier wird gerne geheiratet – bei so prominenten Vorgängern wie Shiva und Parvati muss es ja dann eigentlich gut gehen. Rechts: Prozessionswagen

Unser Tagesprogramm geht weiter: Wir fahren zum Kailasanatha-Tempel. 

 

Und nach der Tempeltour – Juberraschung (Sebastian hat ein wenig Probleme mit unseren Umlauten, aus Ü wird J)  – dürfen wir eine Seidenweberei besichtigen – und natürlich Stoffe und Seidenkleidung kaufen. Kann ich mir meine im Laufe der Jahre zum Barock neigende Figur im Sari vorstellen? Nein. Habe ich noch keine Schals  und Tücher daheim im Schrank? Nein. Brauche ich für Moritz eine Maharadscha-Uniform im Kleinformat? Noch mal: Nein!  Zu viele Neins, sage ich mir und verlasse ohne schlechtes Gewissen den Laden, obwohl ich hier für lau neonfarbene Limo getrunken habe, und begebe mich zum – wirklich nicht sehens-, geschweige denn begehens- oder besitzenswerten stillen Örtchen. Egal, wat muss, dat muss, säät der Kölner.

Na ja, das war jetzt nicht so toll, also auf nach Mahabalipruram. Dort gibt es gleich vier besichtigungswürdige Hindustätten: Den Shiva-Tempel von Mahabalipruram, genannt Shore Temple, weil? – richtig: weil am Strand gelegen, dann die fünf Rathas, ein monolithischer (= aus einem Stein gehauen) Felsentempel, Arjuna‘s Penance, ein monolithisches Bas-Relief und schließlich Krishna’s Butter Ball, ein riesiger Felsbrocken.

Die kleine Stadt Mamallapuram (früher bekannt als Mahabalipuram) wurde zwischen dem 6. und 8. Jh. von der südindischen Herrscherdynastie der Pallava als Hafenstadt erbaut. Später verlandete der Hafen, die Stadt geriet über Jahrhunderte in völlige Vergessenheit und wurde erst vor einigen Jahren als Stätte frühindischer Küstentempel von ganz besonderer Schönheit wiederentdeckt. Seit 1985 gehört der Tempelbezirk von Mamallapuram zum UNESCO - Weltkulturerbe. Die wichtigsten archäologischen Fundorte Südindiens umfassen 14 Höhlentempel, drei freistehende Steintempel und vier reliefartige Felspaneele.

Wir beginnen unseren Rundgang mit den Fünf Himmlischen Rathas, die für die meisten von uns im Rückblick einen Höhepunkt des heutigen Programms darstellen dürften.

Die Pancha Rathas wurden im 7. Jahrhundert errichtet. Rathas bedeutet Wagen. Jeder dieser Tempel wurde aus einem einzigen Felsen in Form eines Prozessionswagens heraus gemeißelt Sie sind nach den fünf Pandava-Brüdern und ihrer Königin Draupadi benannt. Die fünf Rathas sind den Göttern Shiva, Vishnu, Indra und Durga geweiht. Die eindrucksvolle Anlage blieb leider unvollendet; sie zeugt jedoch von der Genialität der Steinmetze, die Stile und Techniken der Holzbaukunst in Stein nachbilden wollten. Die Vielfalt der Formen beeinflusste die gesamte südindische Tempelarchitektur.

 

links: Draupadi Ratha   rechts: im Inneren eine Harihari-Skulptur, eine Mischform von Shiva und Vishnu

 

  

uf dem Weg zu einem weiteren Superlativ unseres Sightseeing-Programms kommen wir an einem Höhlentempel vorüber, dem Krishna-Mandapa .

 

Hier wird eine Szene dargestellt, in der Krishna, den Berg Govardhana sieben Tage lanf mit seinem kleinen Finger hochhält, um die Menschen vor den von oben herabstürzenden Wassermassen zu schützen, die der Götterkönig Indra ihnen in Form von Regenfluten geschickt hat, weil sie ihn durch zu wenig Ehrerbietung erzürnt hatten. Das sind Geschichten, mein lieber Mann!  Mein Enkel Moritz wäre völlig unbeeindruckt. Pippi Langstrumpf kann das schließlich auch.

Wenn man sich das Relief anschaut, fällt einem auf, dass die spektakuäre Rettungsaktion Krishnas die Leute auch nicht zu beeindrucken scheint, sie gehen in aller Seelenruhe ihrem Tagesgeschäft nach. Die der Höhle vorgelagerte Halle wurde erst einige Jahrhunderte später hinzugefügt.

Nun aber weiter, denn es erwartet uns ja noch der zweite Superlativ des heutigen Programms, das größte und bedeutendste Flachrelief der Welt:  Arjuna's Penance oder "die Buße des Arjuna" oder „Niederkunft der Göttin Ganges“.

Das Relief Arjuna's Penance stammt aus dem 7. Jh. und wurde in eine Wand der Felsenklippe eingearbeitet. Es ist 27,4 m lang und 9,1 m hoch. Der Mittelspalt im Felsen stellt den Fluss Ganges dar, der in Form einer natürlichen Vertiefung mitten durch einen Felsblock verläuft. Zu beiden Seiten sieht man Tier- und Menschengestalten, sowie Fabelwesen. Besonders beeindruckend ist eine Elefantenfamilie, die die gesamte untere Hälfte der rechten Seite einnimmt. Seinen Namen erhielt das Relief aus dem Epos Mahabharata, indem der Schütze Arjuna Buße tut, damit die Götter ihm einen Bogen zum Sieg über die Feinde schenken.

Die Symbolik dieser beeindruckenden Darstellung würde man noch besser während des Monsuns verstehen – habe ich gelesen, weil dann das Wasser durch den Felsspalt fließt – wie der Fluss Ganges. Wäre ja sicher interessant, das mal zu erleben, denke ich mir. Aber soll es deshalb gleich regnen? Im Disney Land würden sie das ganz ohne himmlische Fluten hinkriegen. Aber das will man ja nun auch nicht wirklich, oder?.

Gleich neben dem Felsrelief liegt die Butterkugel Krishnas (Foto links), die von der Qualität des Krishna-Gebisses Zeugnis ablegt (sollte er denn die Butter essen wollen), denn sie ist ein riesiger Felsbrocken. Gut, dass ich seit neuestem ein Zoom-Objektiv mein Eigen nennen darf! Da ginge ich nicht gerne nah ran. Der Stein sieht aus, als wolle er gleich losrollen. Oder sollte da einer großzügig ein paar Tuben Uhu geopfert haben?

Unser Besichtigungsprogramm geht nun weiter mit einer Sehenswürdigkeit, die uns nicht nur kunsthistorisch etwas zu bieten hat. Liegt sie doch am Golf von Bengalen, und wir sehen endlich das Meer. Mir schwant schon seit geraumer Zeit, dass es in diesem Urlaub wenig Badevergnügen für mich geben wird. In Indien kann man als Frau nämlich nicht einfach mal im Badeanzug an den Strand ziehen und seinen Körper der Sonne und den Blicken anderer Menschen - Männer - darbieten. Shocking! Die Herren der Schöpfung genießen hier das Baden im Meer ziemlich exklusiv. Es ist mir unbegreiflich, wie die Inderinnen das so hinnehmen können.

Unser Bus hält einige Meter vor dem Eingang zum Tempelgelände, der Weg  zum Tempel bietet unseren sehnsüchtigen Augen durch einen Maschendrahtzaun einen Ausblick auf den menschenleeren Strand.

Wegen seiner Lage am Strand gehört der Shore Tempel besonders morgens und am Spätnachmittag zu den beliebtesten Fotomotiven, obwohl er heute nicht mehr von den Meereswellen, die bis vor kurzem noch bis an sein Fundament  heranrollten, eingerahmt wird. Aus statischen und archäologischen Gründen wurde dies im Zuge von Restaurierungsarbeiten geändert.

  

Jalasayana Tempel

Der Küstentempel aus dem 7. Jh. wird von einem neuzeitlichen Wellenbrecher vor den Fluten geschützt. Er wurde zu Anfang des 8. Jh. Von Narasimhaman II. erbaut und ist der einzige noch erhaltene Tempel dieser Art. Sein fünfstöckiger mit Skulpturen verzierter Gopuram hat die Form einer Pyramide und ist fast 20 m hoch. Dieses Bauwerk zeugt von der veränderten Technik der Pallava-Baumeister, die nun nicht mehr das Gestein aushöhlten, sondern es zum Bauen verwendeten. Der hier angewandte Baustil wurde zum Vorbild des gesamten dravidischen Tempelbaus in Südindien. Bemerkenswert ist, dass die von einer niedrigen Mauer umschlossene Tempelanlage zwei Heiligtümer beherbergt.

Es ist viertel vor 7, als wir, in den Seilen hängend, an unserem heutigen Fahrtziel ankommen, der Stadt Pondicherry am Golf von Bengalen. Unser Hotel Anandha Inn liegt leider nicht an den blauen, wenn auch verschmutzten und daher eher badeuntauglichen (sagt Sebastian) Wassern des Golfs, sondern mitten im Getümmel der lauten, schmutzigen Stadt. Hier ist nicht die Spur von Meeresrauschen zu hören. Aus meinem Fenster schaue ich auf eine langweilige Seitenstraße. Die Leute mit den Einzelzimmern werden immer in die unattraktivsten Zimmer gesteckt – sagen die Single-Dasein-Erfahrenen. Et is wie et is, sagt der Kölner. Und der ist weise – sage ich.

Um halb acht gibt’s Essen. Der Magen knurrt schon so lange, dass man meint, da drin muss ein Teil defekt sein. Das Essen ist lecker – finde ich – Gundel eher „na ja“. Die Geschmäcker sind eben verschieden. Kaum sind die Teller leer, hören wir alle den Ruf des Bettes, einer nach dem anderen verzieht sich. Der Tag war anstrengend. Gundel und ich sind uns einig, dass es nicht gerade geschickt ist, Leute nach einem so langen Flug und einer so kurzen Nacht mit einem derart vollen Besichtigungsprogramm zu konfrontieren.

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Dritter Teil

Reiseroute

Landkarte Südindien